Aistulf

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Ein Follis Aistulfs, geprägt in Ravenna um 751, mit der Inschrift [D] N IST VLF[VS REX] – Dominus noster Aistulfus rex „Unser Herr, König Aistulf“

Aistulf (auch Ahistulf, Aistulfus, Haistulfus; † Dezember 756) war König der Langobarden von 749 bis zu seinem Tod.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitgenössische Abschrift einer Urkunde Aistulfs, ausgestellt im Jahr 755. Keine langobardische Urkunde kann gesichert als Original gelten.[1]

Aistulf war ein Sohn des Dux (Herzog) Pemmo von Friaul und der Ratperga.[2] Als Pemmo den Patriarchen Calixtus um 731 gefangen nahm, fiel er in Ungnade und König Liutprand setzte Aistulfs älteren Bruder Ratchis als Dux ein. Pemmo floh mit seinen Söhnen Ratchait und Aistulf und seinen Anhängern zu den Slawen, bis Ratchis den König zur Versöhnung bewegen konnte. Pemmo wurde mit seinen Söhnen Ratchait und Aistulf begnadigt, die anderen Missetäter wurden eingesperrt.[3]

Liutprands Heer wurde während eines Feldzuges gegen den aufständischen Dux Transamund II. von Spoleto 742 zwischen Fanum (Fano) und Forum Simphronii (Fossombrone) von einem spoletanisch-byzantinischen Heer angegriffen. Dux Ratchis von Friaul und sein Bruder Aistulf bildeten mit ihren Leuten die Nachhut und deckten den Vormarsch.[4] Als König Liutprand und kurz darauf sein Neffe und Nachfolger Hildeprand gestorben waren, wurde Ratchis 744 zum König gewählt und Aistulf wurde Dux von Friaul.

Im Juli 749 revoltierten er und einige andere langobardischen Adlige gegen König Ratchis. Am 3. Juli erfolgte die Akklamation in Mailand, genauer in der Basilica di S. Ambrogio. Ratchis dankte schließlich ab und musste mitsamt seiner Familie ins Kloster gehen. Aistulf bestieg im Juni den Thron. Er ernannte Anselm, mit dessen Schwester Gisaltruda er verheiratet war, zu seinem Nachfolger als Dux. Aistulf schenkte seinem Schwager Anselm Land auf dem dieser 750 das Kloster Fanano errichten ließ.[5]

Aistulf verfolgte im Gegensatz zu seinem Bruder eine Politik der Expansion gegenüber den Byzantinern in Italien. Er reorganisierte das langobardische Heer,[6] zog die Schenkungen seines Vorgängers weitgehend zurück und ordnete eine stärkere Überwachung des Handels an. Sein Ziel war die vollständige Zurückdrängung der Byzantiner. Zuerst eroberte er die Handelsstadt Comacchio an der Pomündung, Ferrara und soll sogar nach Istrien eingefallen sein. Im Jahre 751 eroberte er Ravenna, bis dahin eine der wichtigsten byzantinischen Festungen in Italien. Als Dux Lupus von Spoleto starb, vergab Aistulf das Dukat nicht wieder, sondern ließ es als Krongut verwalten.[7]

Italien um 751

So bedrohte er Rom von zwei Seiten. Die alarmierten Päpste, die eigentlich Untertanen des byzantinischen Reiches waren, konnten jedoch aufgrund der angespannten außenpolitischen Situation und der isolierten Lage Roms von den Byzantinern keine Hilfe erwarten, zumal das Verhältnis zwischen Rom und Konstantinopel aufgrund des so genannten byzantinischen Bilderstreits (Ikonoklasmus) recht zerrüttet war. Die Päpste wandten sich nun an die karolingischen Herrscher des Frankenreiches. Bereits im Jahr 739 hatte Papst Gregor III. den Hausmeier Karl Martell gebeten einzugreifen, worauf dieser jedoch nicht reagierte. Karl Martells Sohn Pippin der Jüngere hatte sich im Jahr 751 mit der Zustimmung Papst Zacharias’ von den fränkischen Großen zum König erheben lassen und zuvor den letzten machtlosen merowingischen König abgesetzt. Mit diesem Zusammenwirken bei der Königserhebung des ersten karolingischen Königs wurde ein Bündnis zwischen diesem und dem Papsttum begründet, das kurze Zeit später gegen den Langobardenkönig Aistulf wirksam wurde. Im Jahre 753 besuchte der von Aistulf bedrängte Papst Stephan II. (III.) Pippin im Frankenreich; es war der erste Besuch eines Papstes nördlich der Alpen überhaupt. Stephan bat dort die Franken um Hilfe.

Im Jahr 754 überquerte Pippin über den Col du Mont Cenis die Alpen. Bei Maurienne wurden die Langobarden unter Aistulf von der zahlenmäßig unterlegenen fränkischen Vorhut geschlagen und zogen sich ins befestigte Ticinum (Pavia) zurück. Nach einer kurzen Belagerung wurde ein Friedensvertrag geschlossen, in dem sich Aistulf verpflichtete, die besetzten römischen Gebiete an den Papst zu übergeben.

Kaum war das fränkische Heer abgezogen, brach Aistulf den Vertrag. Im Winter 755/756 begann er mit der Belagerung Roms, die er im März ergebnislos abbrach, woraufhin er nach Ticinum zurückkehrte. Als die Alpenpässe im Frühjahr passierbar wurden, brach Pippin erneut Anfang Mai mit seinem Heer auf. Aistulf musste sich wieder nach Ticinum zurückziehen und schließlich die fränkische Oberhoheit anerkennen. Den Langobarden wurde ein jährlicher Tribut von 12.000 solidi auferlegt und die besetzten römischen und byzantinischen Gebiete dem Papst übergeben. (Pippinische Schenkung)[8]

Aistulf starb drei Tage nach einem Jagdunfall im Dezember 756 seinen Verletzungen. Ratchis versuchte nun erneut, die Königsherrschaft zu erlangen, doch unterlag er schließlich Desiderius.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichtsschreibung, Chroniken, Jahrbücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ludwig Bethmann und Georg Waitz (Hrsg.): Paulus Diaconus, Historia Langobardorum, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum saec. VI–IX, Hahn, Hannover 1878, cap. 26, 51, 56, S. 174, 182 f., 185.
  • Georg Heinrich Pertz (Hrsg.): Chronicon Moissiacense, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores, I, Hannover 1826, S. 292–294.
  • Pauli Continuationes, in: Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum: Continuatio Casinensis, 4, S. 199; Continuatio Lombarda, S. 216 f.; Continuatio Romana, cap. 2–5, S. 201; Continuatio Tertia, cap. 23–44, S. 208–211.
  • Georg Waitz (Hrsg.): Chronicon S. Benedicti Casinensis, cap. 25, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, S. 487. (online, archive.org, 24. September 2021)
  • Oswald Holder-Egger (Hrsg.): Agnelli qui et Andreas Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis (= Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Langobardorum), Hahn, Hannover 1878, S. 265–391, hier: cap. 155, S. 378 (Digitalisat).
  • Georg Waitz (Hrsg.): Andreae Bergomatis Historia, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, cap. 3, S. 223.
  • Bruno Krusch (Hrsg.): Chronicarum quae dicuntur Fredegarii Scholastici Continuatio Tertia auctore comite Nibelungo, cap. (36)-(39), in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Merovingicarum, II, Hannover 1888, S. 183–186.
  • Carl de Boor (Hrsg.): Theophanis Chronographia ad a. M. 6216, I, Leipzig 1883, S. 402 f. (Digitalisat)
  • Friedrich Kurze (Hrsg.): Annales qui dicuntur Einhardi, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, Hannover 1895, ad ann. 755–756, S. 12–15. (Digitalisat)
  • Giuseppe Zucchetti (Hrsg.): Il "Chronicon" di Benedetto monaco di S. Andrea del Soratte e il "Libellus de imperatoria potestate in urbe Roma" (sec. X), Rom 1920, in: Fonti per la Storia d’Italia, LV, S. 65–80.
  • Louis Halphen (Hrsg.): Einhardi Vita Karoli Magni imperatoris (6), Paris 1923, S. 18–21.
  • Ulla Westerbergh (Hrsg.): Chronicon Salernitanum, Stockholm 1956, cap. 2–7, S. 4–9.
  • Anton Chroust: Untersuchungen Uber die langobardischen Königs- und Herzogs-Urkunden, Graz 1888, S. 188–191, n. 17–23.
  • Ludwig Oelsner: Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin, Leipzig 1871, S. 115–164, 193–204, 254–269, 282 f., 433–437, 441. (Digitalisat)

Leges, Königslisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Friedrich Bluhme (Hrsg.): Ahistulfi Leges, in: Monumenta Germaniae Historica, Legum IV, Hannover 1868, S. 194–204.
  • Georg Waitz (Hrsg.): Catalogus regum Langobardorum et Italicorum Brixriensis et Nonantulanus, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, S. 503.
  • Catalogus regum Langobardorum et Italicorum Lombardus, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, S. 6510 f.

Viten, Liber pontificalis, Briefe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Vita Anselmi abbatis Nonantulani, cap. 1-3 und De fundatione monasterii Nonantulani, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, S. 567 f., 570.
  • Louis Duchesne: Le Liber pontificalis. Texte, introduction et commentaire (= Bibliothèque des Écoles Françaises d’Athènes et de Rome, Sér. 2, T. 3, 1–2), Bd. 1–2, Thorin, Paris 1886–1892, S. 441-443, 444-454 (Volltext Bd. 1), (Volltext Bd. 2).
  • Wilhelm Gundlach, Ernst Dümmler (Hrsg.): Codex Carolinus, Epistolae Merovingici et Karolini aevi, I, in: Monumenta Germaniae Historcia, Epistolae, III, Hannover/Berlin 1892, n. 4–11, S. 487–507.

Urkunden, Testamente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikisource: Historia Langobardorum – Quellen und Volltexte (Latein)

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Carlrichard Brühl glaubt, die Quelle sei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur eine Kopie“ (Studien zu den langobardischen Königskurkunden, Max Niemeyer, Tübingen 1970, S. 150–152, Zitat auf S. 152).
  2. Historia Langobardorum VI, 26
  3. Historia Langobardorum VI, 51
  4. Historia Langobardorum VI, 55-56
  5. Catholic Encyclopedia
  6. Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 50f
  7. Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 150f
  8. Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 188ff
VorgängerAmtNachfolger
RatchisKönig der Langobarden
749–756
Ratchis