Anthology of American Folk Music

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Anthology of American Folk Music ist eine 1952 von Folkways Records veröffentlichte Zusammenstellung von drei Doppelalben mit 84 Aufnahmen US-amerikanischer Folk-, Blues- und Country-Musik, die zwischen 1926 und 1933 von verschiedenen Interpreten aufgenommen und veröffentlicht wurden. Die Anthologie wurde aus der persönlichen Sammlung von 78-rpm-Schellackplatten des Experimentalfilmers Harry Everett Smith zusammengestellt.[1][2][3][4][5]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Harry Smith, unter anderem fanatischer Sammler von Schellackplatten, lebte Anfang der 1950er Jahre in New York City, wo er mit einem Guggenheim-Stipendium einen Experimentalfilm anfertigte. Als das Stipendium aufgebraucht war, bot er Folkways Records einen Teil seiner Plattensammlung zum Kauf an. Folkways-Gründer Moses Asch hatte eine andere Idee: Smith sollte aus seinem Material eine Folk-Anthologie zusammenstellen, die dann auf mehreren Langspielplatten veröffentlicht werden sollte. So entstand die Anthology of American Folk Music, 1952 auf sechs LPs in drei Paketen erschien. Die in der Anthologie enthaltenen Aufnahmen stammen alle aus dem Zeitraum 1926 bis 1933.[4][6]

Bei ihrer Veröffentlichung verkaufte sich die Anthologie relativ schlecht. Heute gilt sie jedoch allgemein als Meilenstein für das Medium Langspielplatte und als Anstoß zum Folk- und Blues-Revival der 1950er und 1960er Jahre.[4][6] Im Jahr 2003 setzte der Rolling Stone die Anthologie auf Platz 276 seiner Liste der 500 besten Alben aller Zeiten[7], und im Jahr 2005 wurde sie von der Library of Congress in das National Recording Registry aufgenommen[8].

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zusammenstellung wurde von Smith in drei Doppelalben unterteilt: „Ballads“, „Social Music“ und „Songs“.[5][9]

Wie der Titel schon sagt, besteht das erste Doppelalbum „Ballads“ aus Balladen, darunter viele amerikanische Versionen von Child Ballads, die aus der englischen Folk-Tradition stammen. Jedes Lied erzählt eine Geschichte über ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Zeit; viele der ersten Lieder sind alte englische Volksballaden, während die Schlusslieder von den Nöten des Bauernlebens in den 1920er Jahren handeln.

Die erste Platte des zweiten Doppelalbums „Social Music“ enthält größtenteils Musik, die wahrscheinlich bei gesellschaftlichen Zusammenkünften oder Tänzen aufgeführt wurde, wobei viele der Lieder Instrumentalstücke sind. Die zweite Platte enthält religiöse und spirituelle Lieder, darunter auch einige Gospel-Stücke.

Das dritte Doppelalbum „Songs“ besteht aus Liedern, die sich mit dem Alltagsleben befassen. Der Kritiker Greil Marcus beschreibt seine Themenschwerpunkte als „Ehe, Arbeit, Zerstreuung, Gefängnis und Tod“.

Smiths Booklet in der Originalveröffentlichung verweist auf weitere geplante Alben der Reihe, die sich mit der Musik bis 1950 befassen sollten, von denen jedoch zu seinen Lebzeiten keines veröffentlicht wurde. Allerdings erschien im Jahr 2000 posthum ein viertes Doppelalbum mit dem Titel „Labor Songs“. Es enthält Lieder über die Arbeit, die bis 1940 aufgenommen wurden.[10]

Design[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Design der Anthologie stammt von Smith selbst. Er hat auch die Liner Notes selbst erstellt, die fast genauso bekannt sind wie die Musik. Er verwendete eine ungewöhnliche Collage-Methode, die wie ein postmodernes Kunstwerk anmutet. Smith verfasste auch kurze Zusammenfassungen der Lieder in der Anthologie, die sich wie Zeitungsschlagzeilen lesen.[4]

Jedes der drei Doppelalben hatte das gleiche Cover, einen Kupferstich von Theodore de Bry, der das „Celestial Monochord“ darstellt und einer mystischen Abhandlung des Wissenschaftlers und Alchemisten Robert Fludd entnommen ist.[11] Für jedes Doppelalbum wurde ein anderer Farbhintergrund gewählt: Blau, Rot und Grün, als Entsprechung zu den alchemistischen Elementen Wasser, Feuer und Luft.[5][12] Das vierte Doppelalbum „Labour“ (2000 von Revenant veröffentlicht) hat Gelb als Hintergrundfarbe, um das Element Erde darzustellen.[13]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anthologie wurde ursprünglich im August 1952 von Folkways Records als Boxset mit drei Doppel-LPs veröffentlicht.[5]

1997 veröffentlichte Smithsonian Folkways, nachdem es Folkways Records im Jahr 1986 übernommen hatte, die Anthologie auf sechs CDs neu, wobei jede CD einer LP des Original-Sets auf Vinyl entsprach, einschließlich Repliken von Smiths Originalkunstwerken und dem Liner-Booklet. Ein zusätzliches Booklet enthielt erweiterte Titelinformationen zu jedem Song etliche Beiträge prominenter Musiker und Autoren. Die Rückseite dieser Broschüre schließt mit einem Zitat von Smith: „Ich bin froh, sagen zu können, dass meine Träume wahr geworden sind. Ich habe gesehen, wie sich Amerika durch die Musik verändert hat.“[1] Bei den 40. Grammy Awards gewann die Neuauflage Auszeichnungen für die besten Album-Notes und das beste historische Album.[14]

2006 veröffentlichten Shout! Factory und das Harry Smith Archive ein Tribute-Album mit dem Titel The Harry Smith Project: The Anthology of American Folk Music Revisited, ein 2-CD/2-DVD-Boxset, das aus einer Reihe von Konzerten zusammengestellt wurde, die Hal Willner 1999 und 2001 organisiert hatte. Auf dem Album sind Künstler wie Beck, Nick Cave, Elvis Costello, Steve Earle, Beth Orton, Lou Reed, Sonic Youth, Richard Thompson, Wilco und andere vertreten, die die Songs der Original-Anthologie covern.[15] Zu dem Album erschien auch der Film The Harry Smith Project Live.[4]

2020 veröffentlichte Dust-to-Digital eine Zusammenstellung mit den B-Seiten der in der Anthologie enthaltenen Platten unter dem Titel The Harry Smith B-Sides.[4]

Titelfolge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(Quellen: [1][3])

Volume One: Ballads (Green Singing)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nr. Titel Interpret(en) Jahr Spiel-
dauer
1. Henry Lee Dick Justice 1932 3:26
2. Fatal Flower Garden Nelstone’s Hawaiians 1930 2:55
3. The House Carpenter Clarence Ashley 1930 3:14
4. Drunkard’s Special Coley Jones 1929 3:16
5. Old Lady and the Devil Bill & Belle Reed 1928 3:02
6. The Butcher’s Boy Buell Kazee 1928 3:02
7. The Waggoner’s Lad Buell Kazee 1928 3:02
8. King Kong Kitchie Kitchie Ki-Me-O Chubby Parker 1928 3:08
9. Old Shoes and Leggins Uncle Eck Dunford 1929 2:59
10. Willie Moore Dick Burnett and Leonard Rutherford 1927 3:13
11. A Lazy Farmer Boy Buster Carter and Preston Young 1930 2:57
12. Peg and Awl The Carolina Tar Heels 1929 2:57
13. Ommie Wise G. B. Grayson 1929 3:09
14. My Name Is John Johanna Kelly Harrell 1927 3:12
15. Bandit Cole Younger Edward L. Crain 1930 2:54
16. Charles Guiteau Kelly Harrell 1927 3:03
17. John Hardy Was a Desperate Little Man The Carter Family 1930 2:55
18. Gonna Die with My Hammer in My Hand Wiliamson Brothers and Curry 1927 3:24
19. Stackalee Frank Hutchison 1927 2:58
20. White House Blues Charlie Poole w/ North Carolina Ramblers 1926 3:31
21. Frankie Mississippi John Hurt 1928 3:25
22. When That Great Ship Went Down William and Versey Smith 1927 2:55
23. Engine 143 The Carter Family 1927 3:16
24. Kassie Jones Furry Lewis 1928 6:13
25. Down on Penny’s Farm The Bently Boys 1929 2:47
26. Mississippi Boweavil Blues Charlie Patton (under the pseudonym „The Masked Marvel“) 1929 3:07
27. Got the Farm Land Blues The Carolina Tar Heels 1932 3:16

Volume Two: Social music (Red Singing)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nr. Titel Interpret(en) Jahr Spiel-
dauer
1. Sail Away Lady Uncle Bunt Stephens 1926 2:56
2. The Wild Wagoner Jilson Setters 1928 3:14
3. Wake Up Jacob Prince Albert Hunt’s Texas Ramblers 1929 2:52
4. La Danseuse Delma Lachney and Blind Uncle Gaspard 1929 2:54
5. Georgia Stomp Andrew & Jim Baxter 1929 2:44
6. Brilliancy Medley Eck Robertson and Family 1930 2:59
7. Indian War Whoop Floyd Ming and his Pep-Steppers 1928 3:10
8. Old Country Stomp Henry Thomas 1928 2:52
9. Old Dog Blue Jim Jackson 1928 3:01
10. Saut Crapaud Columbus Fruge 1929 2:47
11. Acadian One Step Joseph Falcon 1929 2:57
12. Home Sweet Hom4 The Breaux Freres (Clifford Breaux, Ophy Breaux, Amedee Breaux) 1933 3:00
13. Newport Blues Cincinnati Jug Band 1929 2:55
14. Moonshiner’s Dance Part One Frank Cloutier and the Victoria Cafe Orchestra 1927 2:39
15. Must Be Born Again Rev. J. M. Gates 1927 1:28
16. Oh Death Where Is Thy Sting Rev. J. M. Gates 1927 1:26
17. Rocky Road Alabama Sacred Harp Singers 1928 2:42
18. Present Joys Alabama Sacred Harp Singers 1928 2:50
19. This Song of Love Middle Georgia Singing Convention No. 1 1932 2:56
20. Judgement Sister Mary Nelson 1927 2:23
21. He Got Better Things for You Memphis Sanctified Singers 1929 2:52
22. Since I Laid My Burden Down Elders McIntorsh and Edwards’ Sanctified Singers 1929 3:16
23. John the Baptist Moses Mason 1928 3:02
24. Dry Bones Bascom Lamar Lunsford 1929 2:58
25. John the Revelator Blind Willie Johnson 1930 3:18
26. Little Moses The Carter Family 1932 3:11
27. Shine on Me Ernest Phipps and His Holiness Singers 1930 3:01
28. Fifty Miles of Elbow Room Rev. F.W. McGee 1931 2:40
29. I’m in the Battle Field for My Lord Rev. D.C. Rice and His Sanctified Congregation 1929 3:19

Volume Three: Songs (Blue Singing)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nr. Titel Interpret(en) Jahr Spiel-
dauer
1. The Coo Coo Bird Clarence Ashley 1929 2:54
2. East Virginia Buell Kazee 1929 2:58
3. Minglewood Blues Cannon’s Jug Stompers 1928 3:05
4. I Woke Up One Morning in May Didier Hebert 1929 3:01
5. James Alley Blues Richard Rabbit Brown 1927 3:05
6. Sugar Baby Dock Boggs 1928 2:56
7. I Wish I Was a Mole in the Ground Bascom Lamar Lunsford 1928 3:19
8. Mountaineer’s Courtship Ernest Stoneman and Hattie Stoneman 1926 2:42
9. The Spanish Merchant’s Daughter The Stoneman Family 1930 3:15
10. Bob Lee Junior Blues The Memphis Jug Band 1927 3:08
11. Single Girl, Married Girl The Carter Family 1927 2:44
12. Le vieux soûlard et sa femme Cleoma Breaux and Joseph Falcon 1928 3:08
13. Rabbit Foot Blues Blind Lemon Jefferson 1927 2:55
14. Expressman Blues Sleepy John Estes and Yank Rachell 1930 3:01
15. Poor Boy Blues Ramblin’ Thomas 1929 2:22
16. Feather Bed Cannon’s Jug Stompers 1928 3:13
17. Country Blues Dock Boggs 1928 2:56
18. 99 Year Blues Julius Daniels 1927 3:04
19. Prison Cell Blues Blind Lemon Jefferson 1928 2:44
20. See That My Grave Is Kept Clean Blind Lemon Jefferson 1928 2:52
21. C’est si triste sans lui Cleoma Breaux and Ophy Breaux w/ Joseph Falcon 1929 2:59
22. Way Down the Old Plank Road Uncle Dave Macon 1926 2:58
23. Buddy Won’t You Roll Down the Line Uncle Dave Macon 1930 3:15
24. Spike Driver Blues Mississippi John Hurt 1928 3:14
25. K.C. Moan The Memphis Jug Band 1929 2:31
26. Train on the Island J.P. Nestor 1927 2:57
27. The Lone Star Trail Ken Maynard 1930 3:12
28. Fishing Blues Henry Thomas 1928 2:44

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Anthology of American Folk Music. Smithsonian Folkways Recordings (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  2. Götz Steeger: „Anthology Of American Folk Music“: 84 Songs der US-Geschichte. NDR, 9. August 2022, abgerufen am 14. Mai 2024
  3. a b John Bush: Anthology of American Folk Music, Vol. 1–3 Review by John Bush. AllMusic (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  4. a b c d e f Amanda Petrusich: Harry Smith’s Musical Catalogue of Human Experience. The New Yorker. 28. September 2020 (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  5. a b c d Jeff Wallenfeldt: Harry Smith. Britannica, latest update: 10. Mai 2024 (englisch), abgerufen am 13. Mai 2024
  6. a b Harry Smith: An Ethnographic Modernist in America. Harry Smith Archives (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  7. 500 Greatest Albums of All Time. Rolling Stone, 2012 (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  8. Librarian of Congress Names 50 Recordings to the 2005 National Recording Registry. Library of Congress, 11. April 2006 (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  9. Anthology of American Folk Music. Harry Smith Archives (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  10. Harry Smith’s Anthology of American Folk Music Volume Four. Revenant Records, 2000 (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  11. Johann Theodor de Bry. Linda Hall Library, 31. Januar 2014 (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  12. David Keenan: Harry Smith’s Anthology Of American Folk Music Volume 4. The Wire, Mai 2000 (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  13. Jon Kanis: The Anthology of American Folk Music: Hanging Out in the Ozone with Harry Smith. San Diego Troubadour, April 2017 (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  14. 1997 Grammy Winners. Grammy Awards (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024
  15. The Harry Smith Project: The Anthology of American Folk Music Revisited. Harry Smith Archives (englisch), abgerufen am 14. Mai 2024