Geometrische Folge

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Eine geometrische Folge ist in der Mathematik eine Zahlenfolge, bei der benachbarte Folgenglieder stets im selben Verhältnis zueinander stehen. Die Summierung der Folgenglieder einer geometrischen Folge ergibt eine geometrische Reihe.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Enge Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Zahlenfolge heißt geometrische Folge, wenn der Quotient zweier aufeinanderfolgender Glieder konstant ist, d. h. stets ein und derselben Zahl entspricht. Wird diese Zahl mit („Quotient“) bezeichnet, so gilt also für jeden Folgenindex :[1]

.

Hierbei muss vorausgesetzt werden, da ansonsten gar nicht für alle Nachbarglieder das Verhältnis existieren würde.[A 1]

Weite Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus der obigen Gleichung erhält man durch Multiplikation mit den Zusammenhang

.

Alternativ wird eine geometrische Folge auch durch diese Gleichung definiert.[2][3] Dabei muss der Fall nicht mehr ausgeschlossen werden.

Berechnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Glieder einer geometrischen Folge lassen sich aus dem jeweils vorhergehenden Glied berechnen durch die Rekursionsformel

.

Alternativ lässt sich jedes Folgenglied auch direkt berechnen. Zur Herleitung einer entsprechenden Formel benutzt man wiederholt die Rekursionsformel und setzt die Zwischenergebnisse ein:

Allgemein erhält man für das Glied einer geometrischen Folge die explizite Formel

.

Manchmal wird das Anfangsglied auch mit bezeichnet wird. Dann lautet die Formel für das Glied entsprechend

.

Mithilfe der geschlossenen Formel lässt sich eine geometrische Folge mit Anfangsglied schreiben als .

Zahlenbeispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die geometrischen Folge mit dem Anfangsglied und dem Quotienten lautet Das Glied lässt sich mithilfe der expliziten Formel berechnen als .
  • Die Glieder der geometrischen Folge mit dem Anfangsglied und dem Quotienten lautet Nach der expliziten Formel ist .
  • Die konstante Folge ist eine geometrische Folge mit dem Anfangsglied und dem Quotienten .

Anwendungsbeispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die geometrische Folge beschreibt Wachstums- oder Schrumpfungsprozesse, bei denen sich die Messgröße zum Zeitpunkt aus der Messgröße zum Zeitpunkt durch Multiplikation mit einem konstanten Faktor ergibt. Beispiele:

Zinseszins[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei einem Zinssatz von fünf Prozent vermehrt sich das Kapital jedes Jahr um den Faktor 1,05. Es handelt sich also um eine geometrische Folge mit dem Verhältnis . Die Zahl heißt in diesem Zusammenhang Zinsfaktor. Bei einem Startkapital von 1000 Euro ergibt sich

  • nach einem Jahr ein Kapital von
  • nach zwei Jahren ein Kapital von
  • nach drei Jahren ein Kapital

und so weiter.

Unelastischer Stoß[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Ball wird von einer Anfangshöhe auf den Boden fallen gelassen. Nach jedem Aufprall mit dem Boden hüpft er wieder nach oben, verliert jedoch aufgrund von Reibung einen festen Prozentsatz seiner Sprunghöhe. Dann bilden die Sprunghöhen des Balls nach dem -ten Aufprall eine geometrische Folge mit Anfangsglied und Verhältnis .

Gleichstufige Stimmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt mehrere Arten, wie ein Musikinstrument gestimmt werden kann. Eine davon ist die gleichstufige Stimmung. Bei ihr ist das Frequenzverhältnis zwischen zwei benachbarten Tönen immer konstant. Bei zwölf Tönen in der Oktave lautet die Folge hier:

,

wobei beispielsweise die Frequenz des Kammertons und die Halbtonschrittentfernung zum Kammerton ist. ist dann die Frequenz des gesuchten Tones mit Halbtonabstand zum „Ursprungston“ .

Der Wachstumsfaktor ist also .

Konvergenz geometrischer Folgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorüberlegungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Untersuchung des Konvergenzverhaltens einer unendlichen geometrischen Folge müssen verschiedene Fälle unterschieden werden: Für liegt die konstante Folge vor, die gegen den Wert null konvergiert. Für lässt sich die Rekursionsgleichung so veranschaulichen, dass jedes Folgenglied durch eine Skalierung mit aus seinem Vorgänger hervorgeht. Die größenmäßige Entwicklung der Folgenglieder hängt somit von ab: Ist der Betrag kleiner als Eins, so wird der vorherige Wert jeweils verkleinert und die Folgenglieder folglich immer kleiner; ist größer als Eins, so wird der vorherige Wert jeweils vergrößert und die Folgenglieder immer größer. Bei springen die Folgenglieder immer zwischen und hin und her, d. h. die Folge konvergiert nicht. Bei schließlich handelt es sich um die konstante Folge

Satz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für eine unendliche geometrische Folge gilt:

Ist , so konvergiert die Folge gegen null. Ansonsten hängt das Konvergenzverhalten von ab:

  • Für konvergiert die Folge gegen ,
  • für divergiert die Folge,
  • für divergiert die Folge und
  • für konvergiert die Folge gegen null.

Beweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es müssen nur noch die letzte Aussage gezeigt werden. Sei dazu vorgegeben.

Behauptet ist die Existenz eines mit der Eigenschaft, dass für alle gilt: .

Wegen und existiert

.

Hierbei ist der natürliche Logarithmus.

Wegen kehrt sich für alle nach Multiplikation mit das Ungleichheitszeichen um:

;

für ist ; Exponenzieren (zur Basis ) verändert das Ungleichheitszeichen nicht:

;

wegen bleibt das Ungleichheitszeichen nach Multiplikation mit dem Nenner unverändert; mit :

; damit (1), q. e. d.


B. Behauptung: ist höchstens dann eine Nullfolge, wenn ist. ist keine Nullfolge, wenn ist.

Beweis: ist (bereits) dann keine Nullfolge, wenn ein so wählbar ist, dass für alle gilt: .

Multiplikation der Bedingung mit ergibt (wegen ohne Umkehrung des Ungleichheitszeichens):

, damit:
. .

Ein mit sei gewählt. Mit (2) gilt dann auch für alle : , q. e. d.

Namensherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bezeichnung „geometrische Folge“ leitet sich aus dem geometrischen Mittel ab. Jedes Glied einer geometrischen Folge (außer dem Anfangsglied) ist nämlich das geometrische Mittel seiner Nachbarglieder.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wäre das konstante Verhältnis einer Folge , so wäre insbesondere , woraus folgen würde. Damit wäre aber schon das Verhältnis wegen des Verbots der Division durch 0 überhaupt nicht definiert.

Quellenverzeichnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jochen Schwarze: Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. Band 1: Grundlagen. 12. Auflage. NWB Verlag, Herne / Berlin 2005, ISBN 3-482-51562-X, S. 166.
  2. Eric W. Weisstein: Geometric Sequence. MathWorld, abgerufen am 10. November 2019 (englisch).
  3. Walter Purkert, Alexander Herzog: Brückenkurs Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. 9. Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36741-1, S. 106.