Kathleen Stock

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Eine Webcam-Aufnahme einer Frau mit kurzen, grauen Haaren.
Kathleen Stock (2021)

Kathleen Stock, OBE (* 18. November 1972 in Aberdeen[1]) ist eine britische Philosophin. Sie war bis Oktober 2021 Professorin an der University of Sussex.[2] Grund für die Aufgabe der Stelle waren Anfeindungen, denen sie aufgrund ihres Buches zum Thema Transidentität ausgesetzt war. 2022 erschien eine deutsche Übersetzung des Buches und wurde positiv rezensiert.

Stock studierte zunächst Französisch und Philosophie in Oxford, schloss ihr Masterstudium der Philosophie an der University of St Andrews ab und promovierte in Philosophie an der University of Leeds.[1] Sie lehrte an der Lancaster University und der University of East Anglia, bevor sie im Jahr 2003 nach Sussex berufen wurde.[1] Stock verfasste zahlreiche Beiträge zur Philosophie der Fiktion und Imagination.[1]

Seit 2018 beschäftigt sich Stock auch akademisch mit Genderthemen.[3] Stock zählt zu den akademischen Vertreterinnen eines von ihr „genderkritisch“ genannten Feminismus.[3] Stock weist in ihren Schriften wiederholt das Konzept einer von der Anatomie unabhängigen „Genderidentität“ zurück und besteht darauf, trans Frauen als „Männer“ zu bezeichnen.[4] Stock ist außerdem politisch bei der LGB Alliance aktiv.[3] In der Folge wurde Stock als transfeindlich oder „TERF“ kritisiert und angefeindet.[4][5]

Im Januar 2021 protestierten 600 Philosophen gegen Stocks „gefährliche Rhetorik“, nachdem sie in den Order of the British Empire aufgenommen worden war.[6][3] Anfang Oktober 2021 forderten Studierende bei einem Protest mit Plakaten und Graffiti die Entlassung Stocks und in sozialen Medien kursierten Bilder mit der Parole Stock out („Stock raus“).[7] Im Oktober 2021 trat sie nach den anhaltenden Anfeindungen von ihrer Professur in Sussex zurück, obwohl die Universität hinter ihr stand und sich 200 Akademiker für Stock ausgesprochen hatten.[3] Stock begründete ihren Rücktritt mit der „absolut schrecklichen Zeit“ für ihre Familie und sie selbst.[7] Ohne Stocks Position einer biologischen Fundierung des Geschlechts zu teilen, solidarisierte sich die Gesellschaft für Analytische Philosophie (GAP) in ihrer Stellungnahme Für eine freie und kritische Auseinandersetzung in den Wissenschaften mit Stock.[8] Die GAP erklärt es als inakzeptabel, „wenn an die Stelle der (auch scharfen) inhaltlichen Kritik an Positionen die Forderung nach institutionellen Sanktionen gegen Personen tritt, wenn statt der Prüfung von Gründen für oder wider kontroverse Standpunkte die Entlassung von Personen gefordert wird, wenn massiver öffentlicher Druck auf Universitätsleitungen ausgeübt wird, Vortrags- und Lehreinladungen zurückzunehmen.“

2022 erschien die deutsche Übersetzung des Buchs Material Girls. Warum die Wirklichkeit für den Feminismus unerlässlich ist. Laut der Philosophin Petra Gehring ist es durchaus „kein Skandaltext, sondern eine lesenswerte […] im Ergebnis liberale Studie, die sich mit begrifflichen Grundlagenfragen rund um Geschlechterkonzepte befasst, aber auch wissenschafts- und rechtspolitische Empfehlungen äußert. Meisterhaft handhabt die Autorin das Werkzeug des geduldigen Arguments.“ Stock trete für Solidarität mit und Respekt für Transpersonen ein und empfehle, von ihnen in dem gewünschten Geschlecht zu sprechen. Doch sei Geschlecht nicht ausschließlich eine soziale Tatsache, sondern habe auch biologische Aspekte. Abschließend trete Stock für mehr Intersektionalismus ein, um Mehrfachdiskriminierungen auch jenseits von Transidentitäten ins Auge zu fassen, und für einen „evidenzbasierten Feminismus“.[9]

Der Journalist Patrick Bahners bescheinigte dem Buch „beträchtlichen Scharfsinn“ in der Auseinandersetzung mit dem Paradigma, Geschlecht werde nicht nach intersubjektiven Kriterien festgestellt, sondern „zugewiesen“. Stocks Analyse zeitige für diese transaktivistische Grundannahme ein „vernichtendes Resultat“.[10] Die Politikwissenschaftlerin Eszter Kováts lobte Material Girls als „besonnene und kluge“ Einladung, eine notwendige Debatte zu führen, statt sie den Rechten zu überlassen. Mit diesem Buch beweise Stock, dass es möglich ist, „empathisch gegenüber Minderheiten zu sein und gleichzeitig haltlose Argumente und Praktiken, die Schaden anrichten, zu entlarven“.[11] Deborah Shaw hingegen wirft in der Women’s History Review Stock vor, sich in ihrer Argumentation transfeindlicher Rhetorik zu bedienen.[12]

Kathleen Stock war mit einem Mann verheiratet, mit dem sie zwei Söhne hat. Sie hatte ihr lesbisches Coming-out relativ spät und lebt heute mit ihrer Partnerin in Sussex.[13]

Schriften (Auswahl)

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  • 2007: als Herausgeberin: Philosophers on Music: Experience, Meaning, and Work. Oxford University Press.
  • 2008: als Herausgeberin zusammen mit Katherine Thomson-Jones: New Waves in Aesthetics. Palgrave-Macmillan.
  • 2017: Only Imagine: Fiction, Interpretation and Imagination. Oxford University Press.
  • 2021: Material girls: why reality matters for feminism. Fleet, London. [dtsch. Material girls. Warum die Wirklichkeit für den Feminismus unerlässlich ist. Aus dem Englischen von Vojin Saša Vukadinović. Berlin: Tiamat 2022].

Einzelnachweise

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  1. a b c d Kathleen Stock Books. In: hachette.com.au. Abgerufen am 31. Oktober 2021 (englisch).
  2. Gina Thomas: Philosophin Kathleen Stock tritt zurück. In: FAZ.net. 31. Oktober 2021, abgerufen am 31. Oktober 2021.
  3. a b c d e Tilmann Warnecke: 9000 Pfund für ein diskriminierungsfreies Seminar? In: Der Tagesspiegel. 3. November 2021, abgerufen am 4. November 2021.
  4. a b Peter Weissenburger: Transfeindliche Professorin tritt zurück: Nicht das Ende der Debatte. In: taz.de. 6. November 2021, abgerufen am 8. November 2021.
  5. Niklaus Nuspliger: Kathleen Stock – wie eine lesbische Professorin im Kulturkampf um Transsexuelle zur Hassfigur wurde. NZZ, 22. April 2022.
  6. Philosophy Transphobia Letter. In: sites.google.com. 4. Januar 2020, abgerufen am 7. November 2021 (englisch).
  7. a b bor/dpa: Kathleen Stock: Philosophin der Uni Sussex tritt nach angeblicher Transgender-Diskriminierung zurück. In: Der Spiegel. 31. Oktober 2021, abgerufen am 1. November 2021.
  8. Gesellschaft für Analytische Philosophie: Für eine freie und kritische Auseinandersetzung in den Wissenschaften: Eine Stellungnahme der Gesellschaft für analytische Philosophie. (PDF) In: GAP-im-netz.de. November 2021, abgerufen am 20. Februar 2022.
  9. Petra Gehring: Das gefühlte Geschlecht. zeit.de, 7. April 2022.
  10. Patrick Bahners: Kritik des Transaktivismus : Gegen die Rückkehr der Sexualmagie. faz.net, 7. Mai 2022.
  11. Eszter Kováts: „Voller Empathie und Mitgefühl“. Ipg-journal, 7. Juli 2023.
  12. Deborah Shaw: A tale of two feminisms: gender critical feminism, trans inclusive feminism and the case of Kathleen Stock. In: Women's History Review. 15. Dezember 2022, ISSN 0961-2025, S. 1–13, doi:10.1080/09612025.2022.2147915 (tandfonline.com [abgerufen am 30. Mai 2023]).
  13. Joanna Moorhead: Interview Kathleen Stock: taboo around gender identity has chilling effect on academics. The Guardian, 22. Mai 2021.
  14. Kathleen STOCK – Order of the British Empire – The … In: thegazette.co.uk. 30. Dezember 2020, abgerufen am 4. November 2021 (englisch).