Philadelphi-Passage

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Philadelphi-Passage oder Philadelphi-Route (hebräisch ציר פילדלפי; arabisch محور صلاح الدين) war die Bezeichnung der israelischen Streitkräfte für die festungsähnliche Sicherheitszone zwischen der ägyptischen Grenze und dem vormals israelisch besetzten Gazastreifen. Sie hatte eine Länge von 14 km und diente ursprünglich der israelischen Armee als gesicherter Patrouillenweg von der israelischen Grenze bis ans Meer. Die Oslo-Abkommen gaben Israel das Recht zur militärischen Kontrolle der Philadelphi-Passage. Der Streifen ist auch heute noch weitgehend frei von Gebäuden.

Konstruktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Passage bestand baulich auf der Gaza-Seite der internationalen Grenze aus mehreren Meter hohen Stahlträgern auf Betonfundamenten mit früheren Beobachtungs- und Gefechtskanzeln für die israelische Armee sowie einer Fahrstraße zwischen dieser Stahlmauer und der ägyptisch-gazaischen Grenze mit einem weiteren Zaun. Auf Gaza-Seite schließt sich daran ein von Hindernissen wie Bäumen und Häusern leergeräumter weiterer Streifen Landes an. Nach der humanitären Organisation Human Rights Watch wurden von Israel insgesamt rund 1600 palästinensische Häuser zerstört, um diesen Korridor und ein freies Schussfeld davor zu schaffen und auszuweiten.[1] In der national zweigeteilten Ortschaft Rafah befindet sich der einzige Durchgang.

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name ist ein von Israel willkürlich gewähles Codewort, dem keine historische oder geografische Bezeichnung zugrunde liegt.[2] Die arabische Bezeichnung Mihwar Salah al-Din - Saladin-Achse bezieht sich auf die Hauptstraße des Gazastreifens, die Saladinstraße, die von Nordosten bis nach Ägypten führt und deren Achse der Korridor bildet. Philadelphia ist auch der antike griechische Name von Amman.

Grenzkontrolle, Schmuggel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hauptzweck der Passage war die Verhinderung des Schmuggels (etwa von Waffen, Munition, Zigaretten, Drogen, Banknoten) und Personen zwischen Ägypten und dem Gazastreifen. Im Zuge der israelischen Isolierung der Hamas-Regierung in Gaza seit deren Machtübernahme im Jahre 2007 war der einzige Grenzübergang zum Gazastreifen ohne israelische Kontrolle bei Rafah zu Ägypten von diesem praktisch vollständig auch für Zivilisten unterbrochen worden. Diese Abriegelung des Gazastreifens wurde teilweise umgangen, indem Tunnel darunter gegraben wurden.[3]

Die israelischen Streitkräfte antworteten mit der Operation Regenbogen. Insgesamt wurden 3 Tunneleingänge von den israelischen Streitkräften entdeckt und zerstört.[3]

Kontrollübergabe an Ägypten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor dem Rückzug Israels im September 2005 gab es verschiedene Überlegungen über die weitere Kontrolle dieses Bereichs. Ein Verbleib der israelischen Armee an der Grenze erforderte eine größere Sicherheitszone. Ein Plan war, einen vom Mittelmeer gespeisten Kanal anzulegen, der gegen Angriffe und Tunnel schützen sollte. Die erforderliche Breite von 130 bis 290 m hätte den Abriss von 1.500 Häusern erfordert.[4] Schlussendlich beschloss die Regierung, sich gänzlich von der Grenze zurückzuziehen und die Kontrolle der ägyptischen Armee zu übergeben. Dafür erlaubte Israel die Stationierung von 750 zusätzlichen ägyptischen Soldaten in der laut Israelisch-ägyptischem Friedensvertrag entmilitarisierten Zone.[5]

Ägypten begann Anfang 2008 mit der Errichtung einer 3 m hohen Sperrmauer, die – nach der Sprengung der Grenzbarrieren durch die Hamas – zumindest auf einer Teilstrecke des Grenzverlaufs die bisherigen Stacheldrahtsperranlagen ersetzen soll.

Am 23. Januar 2008 wurde von militanten Palästinensern der Beton- und Stahlwall an mehreren Stellen gesprengt, so dass Zehntausende unter der israelischen Blockade des Gazastreifens knapp gewordene Güter in Ägypten einkaufen konnten.[6] Nach 11 Tagen wurde die Grenze am 4. Februar wieder geschlossen.[7]

Tunnel zwischen Ägypten und Gaza[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen Ägypten und dem Gazastreifen existiert eine Vielzahl an Schmugglertunneln. Diese Schmuggeltunnel werden von Hamas und anderen Organisationen im Gazastreifen und auf der Sinai-Halbinsel gebaut und betrieben. Sie dienen zum Schmuggel von Waffen und Alltagsgütern in den Gazastreifen. Ägypten geht gegen die Tunnel vor. Bis Juli 2014 zerstörte die ägyptische Armee über 1600 Tunnel.[8]

Krieg in Israel und Gaza seit 2023[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die israelischen Streitkräfte meldeten, sie hätten nun Kontrolle über den Philadelphi-Korridor, einen 14 Kilometer langen Grenzstreifen zwischen Ägypten und Gaza, gewonnen. Dieser habe als Versorgungsleitung für die Hamas gedient und sei zum Schmuggel von Waffen genutzt worden. Man habe dort Dutzende von Raketenwerfern der Hamas und 20 Tunnel zu Ägypten gefunden. Einige dieser Tunnel habe man nun auch schon gesprengt. In Ost-Rafah habe man zudem einen 1,5 Kilometer langen, mit Waffen gefüllten Tunnel gefunden, dessen Eingang nur hundert Meter vom Grenzübergang in Rafah entfernt gewesen sei. Der ägyptische Staatssender Al-Qahera News TV sagte, Israel verbreite Lügen über die Situation seiner Streitkräfte in Rafah; man habe alle Tunnel der Hamas schon vor Jahren zerstört.[9][10][11][12]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. [1] Human Rights Watch - The Security Situation in Rafah
  2. FACTBOX-The Gaza-Egypt border corridor, Reuters am 12. Januar 2009
  3. a b Weapon Smuggling Tunnels in Rafah - Operation Rainbow (Englisch). Israel Ministry of Foreign Affairs, abgerufen am 30. Januar 2011 (englisch).
  4. IDF freezes plans for Philadelphi channel Ha-Aretz
  5. http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-3132501,00.html
  6. Palästinenser brechen aus dem Gazastreifen aus. Neue Zürcher Zeitung, archiviert vom Original am 28. Januar 2008; abgerufen am 30. Januar 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nzz.ch
  7. Egyptian troops seal Gaza border. Herald Tribune, archiviert vom Original am 4. Februar 2008; abgerufen am 30. Januar 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.iht.com
  8. http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4550797,00.html
  9. Israel meldet Kontrolle über Korridor zu Ägypten. In: Tagesschau. Abgerufen am 30. Mai 2024.
  10. Israel in effective control of entire Gaza land border after taking Philadelphi Corridor in south. In: The Guardian. 30. Mai 2024, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 30. Mai 2024]).
  11. Israel says its forces seize entire Gaza-Egypt border corridor. In: Reuters. 29. Mai 2024, abgerufen am 29. Mai 2024 (englisch).
  12. Marlena Wessollek, dpa, Reuters, AFP: Krieg im Gazastreifen: Israel meldet Einnahme des Philadelphi-Korridors. In: Die Zeit. 29. Mai 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 30. Mai 2024]).