Satz von Girsanow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Satz von Girsanow ist ein Satz aus der Stochastik, der zeigt, wie man aus einem lokalen Martingal bezüglich eines Wahrscheinlichkeitsmaßes ein neues lokales Martingal bezüglich eines Wahrscheinlichkeitsmaßes kreiert.

Der Satz hat eine besondere Bedeutung in der Finanzmathematik, da unter dem äquivalenten Martingalmaß die diskontierten Preise eines Underlying, wie einer Aktie, Martingale sind. Im Bereich stochastischer Prozesse ist der Maßwechsel wichtig, da dann folgende Aussage getroffen werden kann: Wenn Q ein bezüglich P absolut stetiges Wahrscheinlichkeitsmaß ist, dann ist jedes P-Semimartingal ein Q-Semimartingal.

Der Satz wurde 1945 zuerst von Cameron und Martin[1] und danach 1960 von Igor Wladimirowitsch Girsanow bewiesen. Der Satz wurde durch Lenglart 1977 verallgemeinert.

Sei ein messbarer Raum und zwei Wahrscheinlichkeitsmaße darauf. Weiter definieren wir eine Filtration die -vollständig und rechtsstetig ist, d. h. die üblichen Bedingungen gelten.

Sei ein stetiger Prozess, so dass für die zwei Wahrscheinlichkeitsmaße

auf gilt. Dann gilt für jedes stetige lokale -Martingal , dass

ein lokales -Martingal ist.[2]

Spezialfall: Wiener-Prozess

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei ein Wahrscheinlichkeitsraum, versehen mit der natürlichen Filtrierung des standardisierten Wiener-Prozesses . Sei ein adaptierter Prozess, so dass gilt P-fast-sicher und der Prozess definiert durch

sei ein Martingal.

Dann gilt unter dem Wahrscheinlichkeitsmaß mit der Dichte bezüglich , dass der Prozess definiert durch ein standardisierter Wiener-Prozess ist.[3]

Der Prozess ist das stochastische Exponential des Prozesses mit , das heißt, er löst die stochastische Differentialgleichung , . Er ist stets ein nichtnegatives lokales Martingal, also auch ein Supermartingal. Der im Allgemeinen schwierigste Teil in der Anwendung des obigen Satzes ist die Voraussetzung, dass tatsächlich ein Martingal ist. Eine hinreichende Bedingung, so dass ein Martingal ist, lautet:

Diese Bedingung nennt man auch die Novikov-Bedingung.

  • C. Dellacherie, P.-A. Meyer: Probabilités et potentiel – Théorie des Martingales. Kapitel VII, Hermann, 1980.
  • Damien Lamberton, Bernard Lapeyre: Introduction to Stochastic Calculus Applied to Finance. Kapitel IV, S. 66, Chapman & Hall, 2000, ISBN 0-412-71800-6.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. A. I. Yashin: An Extension of the Cameron-Martin Result, Journal of Applied Probability (1993), Band 30, Nummer 1, Seiten 247–251
  2. Olav Kallenberg: Foundations of Modern Probability. Hrsg.: Springer. 2021, S. 433, doi:10.1007/978-3-030-61871-1.
  3. Rose-Anna Dana, Monique Jeanblanc: Financial Market in Continuous Time. Springer, Berlin 2003, ISBN 978-3-540-43403-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).