Wolfgang Marschner

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Wolfgang Marschner (* 23. Mai[1] 1926 in Dresden; † 24. März 2020[2] in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Violinist, Geigenpädagoge, Komponist und Dirigent.

Wolfgang Marschner wurde 1926 in Dresden geboren. Er entstammte einem alten Musikergeschlecht, dessen berühmtester Vertreter der Opernkomponist Heinrich Marschner (1795–1861) ist. Als Vierjähriger wurde er jüngstes Mitglied der Orchesterschule der Staatskapelle Dresden. Als er neun Jahre alt war, debütierte er mit Tartinis Teufelstriller-Sonate[3] und setzte seine Studien mit vierzehn Jahren am Mozarteum Salzburg fort, wo er, inspiriert von Váša Příhoda, Clemens Krauss und Ermanno Wolf-Ferrari, sein 1. Divertimento für Streichquartett unter der Leitung des Ersten Konzertmeisters des Mozarteum-Orchesters aufführte. Mit knapp siebzehn Jahren wurde Marschner zum Kriegsdienst zwangsverpflichtet und konnte erst nach Kriegsende sein Studium in Hamburg bei Erich Röhn, dem damaligen Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, fortsetzen. Gleichzeitig wurde er mit neunzehn Jahren Solist, Konzertmeister und Zweiter Dirigent des Opernhaus-Orchesters Hannover und spielte das Violinkonzert von Brahms mit Franz Konwitschny, der ihn zu weiteren Konzerten mit der Staatskapelle Dresden und dem Gewandhausorchester Leipzig verpflichtete. 1947 wurde er Konzertmeister des WDR Sinfonie-Orchesters Köln, mit dem er die deutsche Erstaufführung des Violinkonzertes von William Walton spielte und über Nacht als Dirigent die Produktion der Operette Ein Walzertraum von Oscar Straus mit der Wiener Sängerin Gretl Schörg übernahm.

Wolfgang Marschner starb im März 2020 im Alter von 93 Jahren.

Mit sechsundzwanzig Jahren wurde Marschner Professor an der Folkwang-Hochschule Essen und lehrte dann 1958 bis 1963 an der Musikhochschule Köln. Als Primarius des Kölner Streichquartetts mit Maurits Frank, dem Cellisten des Amar-Hindemith-Quartetts verband er die weltweiten Engagements des Quartetts in universeller Manier mit seinen Aufgaben als Solist, Dirigent, Komponist und Pädagoge. Als ein Vertreter der deutschen Geigenschule war er auch Professor an der Tokio University of Fine Arts and Music und ab 1963/64 an der Musikhochschule Freiburg im Breisgau. Meisterkurse gab Marschner unter anderem in Peking, Ankara, London, Weimar, Warschau, auf Schloss Łańcut in Polen und in St. Petersburg. Er war Juror vieler internationaler Wettbewerbe und gründete 1976 in Freiburg i.Br. den Internationalen Violin-Wettbewerb „Ludwig Spohr“. Er hatte in den 1970er Jahren sein eigenes „Kammerorchester Wolfgang Marschner“,[4]. Marschner gründete die „Deutsche Spohr Akademie“ (internationale Meisterkurse für Violine, Viola, Violoncello), und im Schwarzwald gibt es seit 1976 das Marschner-Festival Hinterzarten zur Förderung junger Künstler mit der Aufführung wenig gespielter Meisterwerke der Kammermusik für Streicher. Diese findet seit 1992 in Verbindung mit einem drei-jährlichen Internationalen Marschner-Wettbewerb für Violine und Viola[5] sowie mit dem von Marschner initiierten Internationalen Geigenbau- und Geigenklangwettbewerb „Jacobus Stainer“ statt.[6] Marschner leitete weiter als Direktor die „Pflüger-Stiftung“,[7] die eine Spezialschule in einem eigenen Gebäude mit eigenen Lehrkräften unterhält, und die jugendliche Streichmusiker bis zum 16. Lebensjahr unterrichtet und ihre Schüler sowie Gäste im kammermusikalischen Zusammenspiel fördert. Federführend war Marschner weiters im Freiburger Mario Musik Verlag.

Ein dringendes Anliegen war es Marschner, sich dem Studium der vor 1945 in Deutschland verbotenen Neuen Wiener Schule mit dem Mittelpunkt Arnold Schönberg zu widmen. Sein Weg führte über den „Kranichsteiner Musikpreis“ 1954[8] zu vielen Werken der Vertreter dieses Kreises und ihren Nachfolgern.

An seine von der Kritik enthusiastisch rezipierte Schallplattenaufnahme des Violinkonzertes op. 36 von Arnold Schönberg mit Michael Gielen und dem SWF-Sinfonieorchester Baden-Baden mit der amerikanischen Firma Vox (gekoppelt mit Schönbergs Klavierkonzert mit Alfred Brendel)[9] reihten sich zahlreiche Konzerte an. Herausgehoben seien als Beispiele für Marschners intensive Befassung mit der Zweiten Wiener Schule Aufführungen von

Wolfgang Marschner konzertierte ab 1950 mit der Pianistin Hilma Holstein und dem Violoncellisten Adolf Steiner in einem Klaviertrio.[12]

Erst- und Uraufführungen

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Aus der Vielfalt von Marschners Erstaufführungen seien erwähnt: Luigi Nonos Il Varianti in Palermo, Violinkonzerte von Winfried Zillig mit Hans Schmidt-Isserstedt in Hamburg, von Bernd Alois Zimmermann in Köln, von Igor Strawinsky in Kairo.

Als Uraufführung führte Marschner 1959 die revidierte Fassung von Karl Amadeus Hartmanns Concerto funebre in Braunschweig mit der dortigen Staatstheaterkapelle unter Heinz Zeebe auf.[13] Er spielte bei den Donaueschinger Musiktagen Werke von Karlheinz Stockhausen (Sonatine für Violine am Klavier von 1951, mit Stockhausen selbst am Klavier[14]), außerdem Werke von Pierre Boulez, vom Schönberg-Schüler Eduard Steuermann, vom Australier Don Banks dessen für ihn für einen Proms-Auftritt 1968 geschriebenes[15] Violinkonzert mit dem BBC Symphony Orchestra unter Del Mar[16], sowie von Raphaël Cendo. Bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik 1957 z. B. führte er mit Aloys Kontarsky Giacomo Manzonis Seconda piccola suite per violino e pianoforte und von Franco Evangelisti „4!“, Due piccoli pezzi per pianoforte e violino von 1954 auf.

Marschners Streichkonzerte nehmen in seinem Schaffen eine zentrale Stellung ein.

  • Bei der Uraufführung seines Ersten Violinkonzertes mit der Dresdner Staatskapelle und Thomas Egel als Solisten, die Marschner selbst dirigierte, bezeichnete die Dresdner Presse das Konzert als „bedeutendes zeitgenössisches Werk“. Bei Aufführungen mit der Philharmonie Rostow am Don und dem Sinfonie-Orchester von Woronesch, ebenfalls mit dem Komponisten als Dirigenten und der russischen Geigerin Olga Pogorelova, wurde es als eines der besten Instrumentalkonzerte des zwanzigsten Jahrhunderts bezeichnet. Besonderen Erfolg hatte in Odessa, mit der New Polish Philharmonic, mit der Max-Bruch-Philharmonie in Sondershausen und mit dem Beethoven Festival Orchester in Rom und der deutschen Solistin Ariane Mathäus ebenso wie in Zagreb mit dem dortigen Philharmonischen Orchester.
  • Die hochrangigen Aufführungen des Zweiten Violinkonzertes mit Rainer Kussmaul und dem amerikanischen Geiger Oleg Kryssa in Weimar sowie seine eigenen Interpretationen fanden unter anderem bei der japanischen Fachwelt, beim Kirishima Festival, in Tokio und Osaka große Resonanz.
  • Marschners Viola-Konzert mit ihm selbst als Solisten wurde ebenfalls in Tokio uraufgeführt. Seitdem haben es viele Bratschisten als sinfonische Bereicherung in ihr Repertoire aufgenommen, und es wurde mit überwältigender Publikumsresonanz bei den Internationalen Meisterkursen Sondershausen vom Loh-Orchester „Max-Bruch-Philharmonie“, dirigiert vom japanischen Dirigenten Hiroaki Masuda, wie auch in Sankt Petersburg gespielt.
  • Das Cellokonzert ist dem italienischen Solocellisten der Mailänder Scala, Alfredo Persichilli, gewidmet, der auch die Uraufführung in Rom spielte und Solist der deutschen Erstaufführung mit der Baden-Badener Philharmonie war.
  • Sinfonie Nr. 1 Don Sinfonie, UA Sinf.Orch.Voronezh 1998 Dir. W. Marschner
  • Sinfonie Nr. 2 für Streichorchester, UA Spohr Philharmonie
  • Sinfonie Nr. 3 nach Bildern von Hans Thoma, UA Festival Hinterzarten
  • Konzert Nr. 1 für Violine und Orchester, UA Dresdner Staatskapelle
  • Konzert Nr. 2 für Violine und Streichorchester, Weimar – Kryssa. Tokyo – Marschner 2003
  • Konzert Nr. 3 für Violine, Orgel, Chor und Orchester
  • Liguria Fantasie für Orchester, UA WDR Köln
  • Konzert für Klarinette und Orchester 1949
  • Andante Lirico für Streichorchester, EA Osaka Kammerorchester
  • Konzert für Viola und Orchester, UA Geida Orchester Tokyo 2004
  • Konzert für Violoncello und Orchester, UA Philharmonie Rom, Persichilli
  • Paganini-Variationen für Violine und Orchester, UA Kirishima Festival Japan
  • Concertante für Violine ∙ Violoncello und Orchester, UA Lancut Festival Polen 2002
  • Trittico für Violine ∙ Viola und Violoncello, UA New Polish Philharmonie 2004
  • Fantasie Espagnole für Violine und Orchester, WDR Köln 1951
  • Epilog für Klavierquartett, Lenzerheide Schweizer Musikwochen
  • Klaviertrio, Reger Trio Rom
  • Liguria für zwei Klaviere, Pogorelov Duo Russland
  • Streichquartett-Sonett, Beethoven Festival Sutri Skiba Quartett
  • Canto notturno für Violine und Orgel
  • Rondo brillant für Violine und Klavier
  • Deutsche Epigramme für zwei Violen
  • Sonate für Violine solo
  • Rhapsodie für Viola solo

zu Violinkonzerten von

  • Mozart B-Dur ∙ D-Dur ∙ Beethoven ∙ Schumann ∙ Brahms ∙ Wolf-Ferrari . Spohr Violinkonzert Nr. 8 in a-Moll „in Form einer Gesangsszene“
  • 1986: Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland
  • Ehrengabe der Stadt Sondershausen 11. Juni 2006[17]
  • Ehrenmitglied der Max-Bruch-Gesellschaft[18]
  • Ehrenteller der Gemeinde Hinterzarten am 25. September 2011[19]

Einzelnachweise

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  1. Friedrich Herzfeld (Hrsg.): Das neue Ullstein Lexikon der Musik. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin 1989, S. 437
  2. Todesanzeige
  3. David Cummings: International Who's who in Music and Musicians' Directory. International Biographical Centre, Melrose Press, Ely, Cambridgeshire, 2003, S. 416
  4. Fred Hamel: Musica: Monatsschrift für alle Gebiete des Musiklebens. Bärenreiter-Verlag, Kassel 1973, S. 477
  5. MIZ Deutsches Musikinformationszentrum
  6. Badische Zeitung v. 9. Sept. 2008
  7. www.kulturfoerderung.org. Dizk: Hermann und Gertrud Pflüger-Stiftung
  8. „Kranichsteiner Musikpreis“: Preisträger (Memento vom 12. Juni 2007 im Internet Archive), abgerufen am 5. Dezember 2012
  9. Vox PL10530, 1958
    Compton Mackenzie, Christopher Stone: The Gramophone. Harrow 1957, S. 451: „unusually expert {…} a record that nobody who has the interests of living music at heart can afford to miss“
  10. British Council (hg.): Music in Britain. London 1959, S. 20
  11. The Music Magazine and Musical Courier Vol. CLXIV (1962), Nr. 1, S. 37
  12. Carl Dahlhaus: Adolf Steiner. In: Riemann Musiklexikon. 14. Auflage. L–Z, Ergänzungsband. Schott, Mainz 1975, S. 704.
  13. Andrew D. McCredie, Kenneth Walter Bartlett: Karl Amadeus Hartmann. (= Taschenbücher zur Musikwissenschaft 74). Verlag Heinrichshofen, Wilhelmshaven 1980, ISBN 3-7959-0297-5, S. 109, 199.online
  14. Robin Maconie: Other planets the music of Karlheinz Stockhausen. Scarecrow Press, Lanham/Toronto/Oxford 2005, S. 38
  15. All Music Guide. WikiAnswers.com
  16. National Music Council (Hrsg.): The Music yearbook of Great Britain . London 1973, S. 743
  17. Informationsbroschüre der Stadt Sondershausen, S. 43 (PDF; 8,8 MB), abgerufen am 5. Dezember 2012
  18. Christopher Fifield: Max Bruch. His life and works. Boydell, Woodbridge 2005, ISBN 1-84383-136-8, S. 353, Auszug abgerufen am 5. Dezember 2012
  19. Dieter Maurer: Ehrenteller für Marschner. Hinterzarten ehrt Musiker. In: Badische Zeitung. 27. September 2011 (Online [abgerufen am 22. Juli 2021]).